Albanipl. 2
37073 Göttingen
Deutschland
Im Jahr 2017 wird nicht nur des 100-jährigen Jubiläums der Russischen Oktoberrevolution gedacht, sondern es ist gleichzeitig auch 80 Jahre her, dass der Große Terror in der Sowjetunion seinen Höhepunkt erreichte: Von 1936 bis 1938 ging der sowjetische Staat besonders brutal gegen die eigenen Bürger vor, mehr als 1,7 Millionen Menschen wurden verhaftet und mindestens 725.000 von ihnen erschossen. Doch nicht nur in diesem Zeitraum, sondern seit der Einrichtung von Zwangsarbeitslagern gleich nach der Oktoberrevolution und bis Mitte der 1950er-Jahre wurden Millionen von unschuldigen Menschen Opfer von Verhaftung und Inhaftierung im Gulag. Zu ihnen gehörte auch der herausragende Komponist Alexander Weprik (1899–1958), der im Jahr 1950 zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Die von ihm im Gulag erlittenen Folterungen und Entbehrungen führten nicht nur zu seinem vorzeitigen Tod, sondern auch zur Verdrängung des Komponisten aus dem Musikleben. Seine großartige Musik dem Vergessen zu entreißen und damit auch der anderen unschuldigen Opfer des Gulag-Systems zu gedenken, ist das Ziel dieses Sonderkonzerts.
Gleichzeitig soll damit Wepriks Name auch in Deutschland rehabilitiert werden. Denn in den 1920er- und 1930er-Jahren gehörte er zu den bekanntesten sowjetischen Komponisten im Ausland: Seine Kammermusik wurde beispielsweise in den Jahren 1928/29 in Berlin, Basel und Zürich aufgeführt und im Berliner Rundfunk übertragen. 1927 dirigierte Hermann Scherchen Wepriks symphonische Musik in Leipzig, 1933 Issay Dobrowen in Philadelphia und Arturo Toscanini in der New Yorker Carnegie Hall. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten verschwand Wepriks Name seiner jüdischen Abstammung wegen aus den deutschen Konzertsälen. Nun haben Sie die Gelegenheit, die in tonaler Musiksprache komponierte und zum Teil auf jüdischer Folklore basierende symphonische Musik Wepriks mit ihrer melodischen Fülle, dem harmonischen Reichtum und der überaus farbigen Orchestrierung neu zu erleben und zu verhindern, dass seine wunderbare Musik in Vergessenheit gerät.