Der Vortrag

Von Christophe Pellet

Der einigermaßen erfolgreiche Stückeschreiber und Autor Thomas Blanguernon hat genug von Frankreich, von der französischen Gesellschaft und vom französischen Theater. Er flieht nach Berlin. Doch dann geht ihm das Geld aus. Er nimmt die Einladung zu einem Vortrag auf einer Konferenz zur Krise des Theaters an. So findet er sich plötzlich wieder in einer Kulturinstitution des französischen Staates und inmitten all dessen, was er verachtet. Es entspinnt sich ein so virtuoses wie furioses, so gallig komisches wie abgrundtief trauriges Solo der Verfluchung und Verwünschung.

Auf hinterhältige Art und Weise benutzt Christophe Pellet in diesem 2009 geschriebenen Text die Matrix des Theaters als Sprungbrett für eine radikale Kritik unserer neoliberalen, konsumtrunkenen gesellschaftlichen Verfasstheit.

Gewalt und Leidenschaft

https://www.dt-goettingen.de/wp-content/uploads/20200901_DTG_WEB_GEWALT-UND-LEIDENSCHAFT_02.jpg

Nach dem Film von Luchino Visconti | Deutschsprachige Erstaufführung

Luchino Viscontis spätes Meisterwerk »Gewalt und Leidenschaft« ist eine intime Auseinandersetzung mit dem nahenden Tod, der Sehnsucht nach Leben und der Tragik von menschlichen Abhängigkeiten. Vor dem Hintergrund der ewigen Stadt erzählt Visconti die Geschichte eines alternden amerikanischen Professors, der sich in seinem römischen Palais in die Welt von Büchern und Kunstschätzen zurückgezogen hat. Seine Ruhe wird gestört, als die reiche und vulgäre Industriellengattin Marchesa Brumonti den Professor dazu nötigt, ihr eine unbenutzte obere Etage im Palais zu vermieten. In diese Wohnung zieht der mittellose Gigolo Konrad Huebel, der junge Geliebte der Marchesa, Brumontis Tochter Lietta und deren Verlobter Stefano ein. Das Chaos, das mit den neuen Mietern ins Haus eingezogen ist, reißt den Professor aus seiner kultivierten Lethargie und obwohl es immer wieder zum Streit kommt, wachsen ihm die jungen Mitbewohner ans Herz und werden für ihn eine Ersatzfamilie. Besonders der faszinierende und schöngeistige Konrad, der seine kriminelle Vergangenheit geheim hält, zieht ihn magisch an. Als es eines Abends zum Streit in der Familie kommt, öffnen sich die Gräben zwischen den Habenden und den Abhängigen, den Faschisten und den linken Revolutionären und die ungewöhnliche Wohngemeinschaft bricht auseinander.

Luchino Visconti
Der Drehbuchautor, Theater-, Opern-, und Filmregisseur Luchino Visconti (1906-1967) ist einer der bekanntesten Vertreter des europäischen Kinos. Aus einer alten italienischen Adelsfamilie stammend, genießt er als Junge eine künstlerische Erziehung und begeistert sich früh für Theater und Film. Während des Krieges dreht er Filme, bewegt sich in linksintellektuellen Kreisen von Kunst- und Kinoliebhabern und tritt nach dem Krieg der Kommunistischen Partei bei. Der Widerspruch zwischen seiner aristokratischen Herkunft und seinen kommunistischen Überzeugungen ist in vielen seiner Filme zu finden. So auch in »Gewalt und Leidenschaft« mit dem Visconti an seine Thomas Mann Verfilmung »Der Tod in Venedig« anknüpft. Wieder stehen die unerfüllte Liebe eines älteren Mannes für einen Jüngeren und der Zerfall einer dekadenten Gesellschaft im Mittelpunkt.

norway. today

https://www.dt-goettingen.de/wp-content/uploads/025_norway-today_1_DTG_WEB_BASIS_18.19.jpg

Von Igor Bauersima

Julie ist jung, lebt in Österreich und hat das Leben gründlich satt. So sehr, dass der Gedanke an Selbstmord einfach nicht mehr aus ihrem Kopf verschwinden will. Gut, dass sich für jede Lebenslage im Internet Gleichgesinnte finden lassen, denn so trifft sie in einem Suizid-Chat auf August, einen jungen Norweger, der ebenfalls plant, sich das Leben zu nehmen. Die beiden entdecken, dass eine ähnliche Leere in ihren Leben ist, die den Gedanken an Selbstmord so verlockend erscheinen lässt. Und da sie sich sympathisch sind, beschließen sie, gemeinsam in den Tod zu gehen. August schlägt vor, sich von einer Klippe zu stürzen, und so treffen sich die beiden im norwegischen Winter am vereisten Rand einer Steilküste, hoch über einem Fjord. Nur ein Schritt trennt sie vom ersehnten Tod, doch wider Erwarten fällt es schwer diesen zu gehen.
Und August will die letzten Stunden in einem Video dokumentieren und damit die Deutungshoheit über den Selbstmord behalten. Die laufende Kamera aber zwingt beide in eine neue Rolle: Um nicht als Opfer ihrer Lebensumstände zu wirken, um den Suizid als positive Entscheidung darzustellen, müssen Julie und August die Szenen aktiv gestalten.

Igor Bauersima
Igor Bauersima, 1964 in Prag geboren, ist Autor, Regisseur, Architekt und Bühnenbildner. Als Regisseur und Bühnenbildner gehörte er zu den ersten Theaterleuten, die mit der Wirkung von Film und Video auf der Bühne experimentierten. Schon früh erkannte er das Potenzial des Internets für die Künste und thematisierte den Einfluss der Digitalisierung auf das Leben. Seine Stücke wurden in 20 Sprachen übersetzt und weltweit nachgespielt.

Göttinger Symphonier Orchester im Deutschen Theater

Sonntag, 22.3.2020 – 1. Konzert Zyklus Kulturelle Begegnung – »Portugal«

Sonntag, 19.4.2019 – 2. Konzert Zyklus Kulturelle Begegnung – »Klezmer«

Sonntag, 14.6.2019 – 3. Konzert Zyklus Kulturelle Begegnung – »Orient«

weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite des Göttinger Symphonie Orchesters:

http://www.gso-online.de/informationen/konzerte/konzerte-komplett/select/abo-e-zyklus-kammerkonzerte-im-deutschen-theater.html

Burghart Klaußner »Fragen Sie mehr – ein Hanns-Eisler-Abend«

https://www.dt-goettingen.de/wp-content/uploads/BKlaussner_MathiasBothor.gif

Bei einem seiner frühen Ausflüge nach Ostberlin kaufte sich Burghart Klaußner für die umgetauschten Ostmark eine Schallplatte mit den berühmten Gesprächen des deutschen Germanisten und Dramaturgen Hans Bunge mit dem Komponisten Hanns Eisler über Bertolt Brecht. Die zwischen 1948 und 1962 geführten Dialoge sind Musterbeispiele intelligenter Unterhaltung. Hanns Eisler hat in diesen Gesprächen eine der wohl geistreichsten und erfrischendsten Kunstbetrachtungen des 20. Jahrhunderts hinterlassen. Wunderbar scharfzüngig holt der leidenschaftliche und enorm belesene Intellektuelle mit Charme, Witz und geradezu diabolischer Freude aus zu einem Rundumschlag gegen ideologische Scheuklappen und überkommenes Denken. Und macht dabei auch vor einigen seiner marxistischen Freunde keineswegs Halt. Seine lebenslange Künstlerfreundschaft mit Bertolt Brecht ist dabei ebenso Thema wie ein zwischen Euphorie und Verzweiflung nie versiegender Aufbruchswillen. Anfang der 70er Jahre veröffentlichte Bunge diese Gespräche authentisch und unredigiert als Buch.
Burghart Klaußner liest die Passagen von Bertolt Brecht, Tilo Werner die von Hans Bunge. Zudem singt Burghart Klaußner Hanns Eisler, am Flügel wird er begleitet von seinem Pianisten Matthias Stötzel.

© Mathias Bothor

 

Iphigenie auf Tauris

slide

Von Johann Wolfgang von Goethe

Iphigenie ist eine Fremde auf Tauris. Sie kann sich der neuen Kultur, in der sie lebt, nicht anpassen und sehnt sich zurück nach Griechenland, wo sie einst von der Göttin Diana vor dem Opfertod gerettet und als Priesterin nach Tauris gebracht wurde. Auf Tauris herrscht König Thoas, den Iphigenie dazu überredete, die uralte barbarische Sitte auszusetzen, nach der jeder Fremde im Tempel der Göttin geopfert werden muss. Als aber Iphigenie den Heiratswunsch des Königs ablehnt, demonstriert er seine Macht, indem er das grausame Opferritual wieder einführt. An dem Fremden, der von den Soldaten des Königs gefangengenommen wurde, will der gekränkte Thoas ein Exempel statuieren. In dem zum Tode verurteilten Mann erkennt Iphigenie ihren Bruder Orest. Gemeinsam schmieden sie einen Plan, um von der Insel in das geliebte Griechenland zu fliehen. Doch Iphigenie bringt es nicht übers Herz, Thoas zu hintergehen. Sie enthüllt ihm den Fluchtplan und legt damit ihr Schicksal und das ihres Bruders in Thoas’ Hände.

Johann Wolfgang von Goethe
Johann Wolfgang von Goethe, 1749 in Frankfurt am Main geboren, gilt als einer der bedeutendsten Dichter der deutschsprachigen Literatur. Seine Werke zählen bis heute zu den Meisterwerken der Weltliteratur. Er begann sein Jurastudium 1768 in Leipzig, das er aber wegen einer schweren Krankheit unterbrach und 1771 in Straßburg fortsetzte. Auf Einladung von Herzog Carl August zog er nach Weimar, wo er ab 1776 im Staatsdienst arbeitete und das Hoftheater leitete. Seine beiden Italienreisen (1786 bis 1788 und 1790), die er nach persönlichen und künstlerischen Krisen unternahm, empfand er als Wiedergeburt. Goethes Werk umfasst Lyrik,
Dramen, Epik, autobiografische, kunst- und literaturtheoretische sowie naturwissenschaftliche Schriften. Er starb 1832 in Weimar.

Bombe!

https://www.dt-goettingen.de/wp-content/uploads/2019_DTG_WEB_Bombe_01.jpg

Von Abdul Abbasi und Philipp Löhle

»Herzlich Willkommen zu unserem Abend heute. Bombe! Ja, Bombe, genau. Mit Ausrufezeichen. Bombe! Bäm.« Als erstes tritt natürlich auf: Abdul Abbasi! Er ist auf YouTube mit German LifeStyle aktiv, regelmäßig zu Gast bei Extra3 und Mitautor des Buchs »Eingedeutscht. Die schräge Geschichte unserer Integration«. Doch kann und darf er überhaupt im Theater auftreten? Kann das vielleicht nicht lieber jemand anders übernehmen? Was sagt die Behörde? Können Herr Kahn und Oliver beim Amt helfen? Wo kommt der Syrer überhaupt genau her und warum ist er in Deutschland? Wieso will er Zahnmedizin studieren und kein Asyl beantragen? Wie steht es mit seinen Deutschkenntnissen? Und was ist mit der Mitarbeiterin des BAMF, der Wohngemeinschaft und natürlich mit der Bombe mit Ausrufezeichen?
Abdul Abbasi und Philipp Löhle schicken in ihrem gemeinsam geschriebenen Stück vier Schauspieler*innen des Ensembles auf eine komische und erhellende Tour de Farce über die Lage der Willkommens-Nation in Sachen Integration inklusive syrische und deutsche Vorurteile.

Abdul Abbasi
Der aus Aleppo/Syrien stammende, 1994 geborene Abdul Abbasi ist dem deutschsprachigen Publikum mit dem Youtubekanal »German LifeStyle« bekannt geworden. Dort lassen er und Allaa Faham deutsche und syrische Stereotype mit viel Humor aufeinandertreffen. Es folgten Gastauftritte bei Extra3, das Buch »Eingedeutscht. Die schräge Geschichte unserer Integration«, die Auszeichung mit der Integrationsmedaille der Bundesregierung und der Gesellschaftspreis des DTN in Hannover. Abdul Abbasi studiert Zahnmedizin in Göttingen.

Philipp Löhle
Der 1978 geborene Philipp Löhle begann schon während seines Studiums der Geschichte, Theater- und Medienwissenschaft und deutschen Literatur mit dem Schreiben von Theaterstücken. Diese erhielten etliche Preise und Nominierungen beim Heidelberger Stückemarkt und bei den Mülheimer Theatertagen. Außerdem war er Hausautor am Maxim Gorki Theater Berlin, Nationaltheater Mannheim, Staatstheater Mainz und ist es aktuell am Staatstheater Nürnberg. Er: einen Bombe!

 

 

 

Free Mandela

American Drama Group

Der Abend, der von Heldentum und Verrat, Hass und Vergebung erzählt, handelt nicht nur vom Kampf gegen Gerechtigkeit, sondern auch von Frieden in einem von Hass und Gewalt zerrissenen Land. Südafrikas Entwicklung zu einer multi-rassischen Demokratie grenzt an ein Wunder und dieses Wunder vollbrachte ein herausragender Mann: Nelson Mandela.

Regie Paul Stebbings
Musikalische Leitung John Kenney
Produzent Grantly Marshall

Der eingebildete Kranke

https://www.dt-goettingen.de/wp-content/uploads/2019_DTG_WEB_Der-eingebildete-Kranke_01.jpg

Komödie von Molière

Argan leidet schrecklich unter seinen Krankheiten, beschäftigt einen ganzen Stab von Ärzten, deren Diagnosen ihm bestätigen, dass es noch schlimmer um ihn steht, als er annahm. Die Krankheiten bestimmen sein Leben und sein Denken, sie bringen ihn sogar dazu, seiner Tochter Angélique vorzuschreiben, einen Mediziner zu heiraten, damit die hausärztliche Grundversorgung kostengünstig gesichert ist. Denn Krankheit, das weiß auch Argan, bedeutet nicht nur leiden, sondern auch zahlen. Die Ärzte verschreiben teure Therapien, obwohl sie wissen, was jedem in Argans Umgebung klar ist: Argan ist Hypochonder. Dagegen helfen keine Pillen, entscheidet das lebenspraktische Hausmädchen Toinette, dagegen hilft nur, den Blick vom überschätzten Ich auf die realen Zustände im eigenen Heim zu lenken. Denn da liegt so einiges im Argen. Doch um die Wirklichkeit zu erkennen, muss Argan die Krankheit zum finalen Ende treiben. Er muss sich totstellen. Und so setzt Molière, der während der vierten Vorstellung von »Der eingebildete Kranke« auf der Bühne verstarb, dem Tod das Lachen entgegen.

Molière
Ohne Jean Baptiste Poquelin (1622-1673), genannt Molière, wäre die moderne Komödie undenkbar. Er hat die Gattung gründlich reformiert, hat anstatt der damals üblichen ›Typen‹ echte ›Charaktere‹ auf die Bühne gestellt. Für das Publikum und die Ensembles seiner Zeit eine Herausforderung, der sie sich nur zögernd aussetzten. Aber Molière blieb beharrlich und setzte sich durch. Der Sonnenkönig fand Gefallen an Molières Stücken und setzte eine großzügige Apanage aus. Doch mit »Tartuffe« brachte er den konservativen Hofstaat gegen sich auf und wurde Opfer der Zensur. Erst eine Verschiebung der Machtverhältnisse ermöglichte die triumphale Uraufführung. Die Komödie war in der Weltliteratur angekommen.