Bürgerstraße 15
37073 Göttingen
mit
Ruprecht Polenz (ehemaliger Generalsekretär der CDU)
Prof. Dr. Christina Morina (Professorin für Geschichte an der Uni Bielefeld)
Die deutsche Gesellschaft hat ein Problem. Empirische Befunde belegen seit Jahrzehnten, dass zwischen 10 und 15 Prozent der Bevölkerung zu rassistischen Haltungen neigen. Mit dem Aufkommen der AfD hat sich diese Grundhaltung nun parteiförmig verfestigt. Die Entwicklung der als Eurokritiker gestarteten AfD hin zu einer offen rassistischen, völkisch nationalistischen Partei konfrontiert alle demokratischen Parteien mit einer Herausforderung.
Wie sind unter den Bedingungen mit einer faschistischen Partei im Parlament Mehrheiten zu bilden? In Berlin und Bremen wie in Bayern konnte diese Frage noch gerade gelöst werden, weil demokratischen Parteien zur Linken oder zur Rechten eine eigene Mehrheit bekamen. Fast überall sonst aber erzwingt die Existenz der AfD die Bereitschaft zu lagerübergreifenden Koalitionen der demokratischen Parteien. Ob große Koalitionen, Schwarz-Grün oder Kenia, Mehrheitsbildung unter diesen Bedingungen verlangt ein hohes Maß an Kompromissen – und damit der Minderung des eigenen Profils. Dies wiederum kann auch zu Verlusten der eigenen Anhängerschaft führen – und damit die strukturelle Krise der vormaligen Volksparteien verstärken.
Aus diesem Dilemma sehen manche einen Ausweg darin, die Frage der Haltung zur Demokratie geringer zu gewichten, als die vermeintliche Zugehörigkeit zu einem, dem eigenen Lager. Dieser Konflikt zieht sich momentan durch die CDU. Gerade hier stellt sich aber die Frage, was Gesellschaften aus der deutschen, wie aus der europäischen Geschichte gelernt haben. In Italien, wie in Deutschland haben die Faschisten die Macht nicht ergriffen, sondern sie wurde ihnen – formal – demokratisch übertragen.
Der Anschlag in Hanau verleiht der Fragestellung eine traurige Aktualität. Der rassistische Hass, bewusst gesät, um die Grenzen des Sagbaren zu verschieben, führt zu bitterer, realer Gewalt. Viele Bürgerinnen und Bürger in Deutschland machen sich große Sorgen, weil sie sich großer Gefahr ausgesetzt sehen – nur wegen ihrer (vermeintlichen) Migrationsgeschichte.
In dieser Veranstaltung möchten Ruprecht Polenz, Christina Morina und Jürgen Trittin über die Verbindungen und Unterschiede zwischen dem Scheitern der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland diskutieren. Wie kann es gelingen, die Erosion des Demokratischen und ein Ausufern der rassistischen Gewalt zu verhindern?